Zahl des Monats: 1923

Die Idee der Hauseigentümerdemokratie

Die Idee, dass eine Gesellschaft mit möglichst vielen Eigenheimbesitzern politisch wünschenswert sei, wird in Deutschland eher selten diskutiert. Angesichts der zweitniedrigsten Wohneigentumsquote innerhalb der OECD-Länder (je nach Quelle etwa 45 bis 51%) ist das kaum verwunderlich. In Großbritannien hingegen machte das 1923 geprägte das Konzept der „property-owning democracy“ eine bemerkenswerte Karriere als Kernidee konservativer Sozialpolitik. Zeit für ein Revival?

Eigentümerdemokratie („property-owning democracy“) – dieser Begriff wurde von dem konservativen britischen Politiker Noel Skelton geprägt und erstmals 1923 in einem Zeitschriftenartikel verwendet. Skelton sah in seinem (später auch unter dem Titel „Constructive Conservatism“ veröffentlichten) Gesellschaftsentwurf nichts Geringeres als eine dringend gebotene konservative Antwort auf den Sozialismus. Die Verelendung großer Bevölkerungsteile im Zuge der Industrialisierung nahm er bereits damals als Bedrohung der Demokratie wahr. Sein Ideal ging also über die Absicht hinaus, Arbeiter durch den Zugang zu Boden- und Wohneigentum zu befrieden – und von sozialistischen Ideen abzubringen. Vielmehr entwarf er die Vision einer Gesellschaft aus vielen kleinen Haus- oder Landeigentümern, in der sich nach seiner Auffassung überhaupt erst eine echte demokratische Teilhabe der Massen realisieren ließe. Auch wenn diese Vision später mehr oder weniger in Vergessenheit geriet, spielt die Förderung von Wohneigentum im Ideenrepertoire der britischen Konservativen seither eine herausragende Rolle. Im Ergebnis führte das immerhin zu einem kontinuierlichen Anstieg der Wohneigentumsquote in Großbritannien von 22% (1920) bis etwa 70% (2002). Danach kam es allerdings im Zuge der Finanzkrise zu einem leichten Rückgang der Quote auf aktuell ca. 62%. Vielleicht wäre es an der Zeit, die Idee der Hauseigentümerdemokratie auch hierzulande im Kontext der aktuell zu beobachtenden, vielgestaltigen Bedrohungen der Demokratie noch einmal näher unter die Lupe zu nehmen.

 

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